Landesparteitag in Ingolstadt

Bayerns Liberale haben ihren Landesparteitag in Ingolstadt erfolgreich beendet. Im Fokus der zweitägigen Veranstaltung stand die inhaltliche Debatte. Neben Beschlüssen zu EU-Reformen und zur verstärkten Unterstützung der Ukraine ging vom Parteitag auch ein deutliches Signal an die Union aus, den Weg für das Wachstumschancengesetz endlich frei zu machen.

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Impressionen vom 85. Landesparteitag in Ingolstadt.

Rund 400 Delegierte haben sich am vergangenen Wochenende im Ingolstädter Stadttheater für den 85. ordentlichen Landesparteitag der FDP Bayern eingefunden. Eröffnet wurde dieser von der Landesvorsitzenden Katja Hessel, die in ihrer Begrüßungsrede die Forderung nach einer „Wirtschaftswende für Deutschland“ bekräftigte. Angesichts der trüben Konjunkturlage brauche Deutschland wieder mehr Marktwirtschaft, sagte Hessel, und zitierte den ehemaligen liberalen Bundeswirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff: „Die soziale Marktwirtschaft ist ein Konzept gegen die Krise, sie ist aus einer solchen erwachsen (…). Nur mit Respekt sowohl vor dem freien Markt und dem freien Unternehmertum als auch vor dem staatlichen Gebot des sozialen Ausgleichs lässt sich erfolgreich Wirtschaftspolitik betreiben.“

Die Landesvorsitzende der FDP Bayern Katja Hessel eröffnet den Parteitag.

Die Landesvorsitzende der FDP Bayern Katja Hessel eröffnet den Parteitag.

Eckpunkte dieser Wirtschaftswende müssten, so die FDP-Politikerin, aus der nachhaltigen Finanzierung ohne neue Schulden, dem Abbau von Bürokratie und der Flexibilisierung des Arbeitsmarktes bestehen. An welchen Stellschrauben konkret gedreht werden muss, hatte die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister der Finanzen bereits in einem jüngst in der Nürnberger Zeitung veröffentlichten Gastbeitrag dargelegt. „Dafür müssen wir als FDP kämpfen!“, rief Katja Hessel den Parteitagsdelegierten zu und übte scharfe Kritik an der Dauerblockade von CDU und CSU gegen das Wachstumschancengesetz. Dieses war nach langen Verhandlungen vor wenigen Tagen im Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat verabschiedet worden, muss aber am 22. März noch im Bundesrat bestätigt werden. Das droht jedoch an der andauernden Verweigerungshaltung der Unionsparteien zu scheitern. „Man muss es so deutlich sagen: Markus Söder und seine CSU betreiben parteipolitische Spielchen auf dem Rücken unserer Wirtschaft und der Bürger. Das ist verantwortungslos und gefährdet viele Arbeitsplätze – auch in Bayern!“

Hagen: Dieses unwürdige Spiel muss ein Ende haben!

Übt harsche Kritik an der Union: Bayerns FDP-Chef Martin Hagen.

Übt harsche Kritik an der Union: Bayerns FDP-Chef Martin Hagen.

Der Co-Vorsitzende der bayerischen FDP Martin Hagen stieß ins selbe Horn: „Dass die Union das Wachstumschancengesetz aus reinen parteitaktischen Motiven im Bundesrat blockiert, ist ein Skandal!“ CDU und CSU würden sich damit an den Unternehmern und Rentnern versündigen, kritisierte Hagen in seiner Parteitagsrede und zog einen Vergleich: „Das letzte Mal, als der eigentlich zur Vertretung von Länderinteressen vorgesehene Bundesrat derart instrumentalisiert wurde, nur um eine Bundesregierung zu schädigen und das Land zu lähmen, war Mitte der 90er-Jahre unter dem damaligen SPD-Vorsitzenden Oskar Lafontaine. Markus Söder macht also gerade den Lafontaine von der Pegnitz. Dieses unwürdige Spiel muss ein Ende haben!“

Um dem Nachdruck zu verleihen, haben die Delegierten den Dringlichkeitsantrag „Erste Schritte zur Wirtschaftswende – Wachstumschancengesetz jetzt beschließen“ verabschiedet. „Wir fordern die Union auf, sich auf ihre Verpflichtung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern zu besinnen“, heißt es in dem Beschluss, der vom stellvertretenden Landesvorsitzenden und Bundestagsfraktions-Vizechef Lukas Köhler initiiert wurde.

Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine

Der anhaltende Krieg in der Ukraine nahm am ersten Tag des Parteitagswochenendes ebenfalls viel Raum ein, jährte sich der russische Überfall am 24. Februar doch bereits zum zweiten Mal. Zu diesem Anlass beehrte Dmytro Shevchenko, Kanzler der Ukrainischen Freien Universität in München – die einzige Universität außerhalb der Ukraine, in der auf Ukrainisch, Deutsch und Englisch gelehrt wird –, die Liberalen mit seinem Besuch.

Rede am Parteitag von Dmytro Shevchenko, Kanzler der Ukrainischen Freien Universität.

Rede am Parteitag von Dmytro Shevchenko, Kanzler der Ukrainischen Freien Universität.

In seiner Rede bedankte sich Shevchenko für die fortwährende Unterstützung der Freien Demokraten. „Ich erinnere mich gut daran, dass die FDP bereits 2013 als einzige Partei die europäische Perspektive für die Ukraine im Bundestagswahlprogramm verankert hat“, sagte der ehemalige Diplomat im ukrainischen Außenministerium. Ausdrücklich hervorgehoben wurde auch Bayerns Landeschef Martin Hagen, der als „erster deutscher Politiker“ bereits vor Kriegsausbruch an ukrainischen Solidaritätskundgebungen teilgenommen hatte. Die russische Aggression gegenüber der Ukraine sei nicht losgelöst von darüber hinausgehenden imperialistischen Bestrebungen Moskaus zu betrachten, mahnte der Kanzler und appellierte an eine stärkere Unterstützung durch die Bundesregierung – was auch die Lieferung von Waffensystemen beinhaltet. Passend dazu verabschiedete der Parteitag den Antrag „Wir stehen ohne Wenn und Aber an der Seite der Verteidiger der Freiheit Europas!“, der neben perspektivischen Maßnahmen zum Wiederaufbau der Ukraine auch explizit die rasche Lieferung von „Taurus“-Marschflugkörper vorsieht. Der Antragsentwurf stammte dabei aus der Feder des stellvertretenden Landesvorsitzenden und außenpolitischen Sprechers der Bundestagsfraktion Ulrich Lechte.

In Bayern dahoam, in Europa zu Hause

Ein weiterer Schwerpunkt des Parteitags lag auf der Europapolitik – auch mit Blick auf die am 9. Juni anstehende Wahl des Europäischen Parlaments. Hierzu befassten sich die Delegierten mit dem von Generalsekretär Christoph Skutella ausgearbeiteten Leitantrag „In Bayern dahoam, in Europa zu Hause“, der anschließend einstimmig verabschiedet wurde.

Bayerns FDP-Generalsekretär Christoph Skutella beim Einbringen des Leitantrags.

Bayerns FDP-Generalsekretär Christoph Skutella beim Einbringen des Leitantrags.

Neben intensivierten Kooperationen mit Bayerns Nachbarstaaten – insbesondere im den Bereichen Verkehr, Katastrophenschutz und Kriminalitätsbekämpfung – fordern die Liberalen darin auch eine Stärkung des Subsidiaritätsprinzips. Dieses besagt, dass politische Entscheidungen möglichst vor Ort – und damit bürgernaher – getroffen werden sollen, bevor die Europäische Union gesetzgeberisch tätig wird. „Wir treten an, um Europa besser zu machen, während andere den Status-quo beibehalten oder die EU gar zerstören wollen. Wir sind die wahren Patrioten. Denn wer seine bayerische Heimat liebt, kann nicht für den Austritt Deutschlands und Bayerns aus der Europäischen Union sein“, so FDP-General Skutella.

Dem pflichtete auch der bayerische EU-Spitzenkandidat Phil Hackemann bei, dessen Rede den Parteitag am Sonntag abrundete. Es mache einen Unterschied, wem man bei der Europawahl seine Stimme schenke, sagte Hackemann und verwies auf die gestiegene Bedeutung des EU-Parlaments im Gesetzgebungsverfahren.

Will Europa besser machen: Bayerns EU-Spitzenkandidat Phil Hackemann.

Will Europa besser machen: Bayerns EU-Spitzenkandidat Phil Hackemann.

Mit Blick auf die politischen Mitbewerber machte der Spitzenkandidat deutlich: „Sie können CDU/CSU wählen für ein Weiter-so von Bürokratie und Bürgerrechtseinschränkungen mit Ursula von der Leyen. Sie können SPD und Grüne wählen für mehr Regulierung und Umverteilung. Sie können AfD und Sahra Wagenknecht wählen, die das europäische Projekt und all seine Errungenschaften zerstören wollen. Oder sie wählen uns Freie Demokraten, die für einen echten Neustart in Europa stehen!“

Ebenfalls am Sonntag wurden die ersten Planungen zur Kommunalwahl 2026 durch den stellvertretenden Landesvorsitzenden Karsten Klein präsentiert. Die FDP Bayern verfolgt das Ziel, ihre kommunale Verwurzelung zu stärken und damit die Grundlage für eine zukunftsorientierte Entwicklung des Landesverbands zu schaffen. Zu einer zukunftsoriententen Entwicklung gehört es auch, Frauen die politische Teilhabe in der Partei zu erleichtern. Die drei Kreisverbände, die sich besonders um das Engagement von Frauen in der Politik verdient gemacht hatten – Weiden, Landshut-Land und Dillingen –, wurden am Parteitag durch Generalsekretär Christoph Skutella ausgezeichnet.

Auszeichnung der Kreisverbände durch Generalsekretär Christoph Skutella.

Auszeichnung der Kreisverbände durch Generalsekretär Christoph Skutella.

Videos

Beschlüsse

Auszug aus den Medienberichten